Geschichte

In diesem Bereich unserer Webseite haben wir in kurzer Form geschichtliche Informationen zu unserer Teutonia und den Burschenschaften im Allgemeinen zusammengestellt.

Darüber hinaus gibt es hier Informationen zum Schwarzburgbund (SB), sowie zum Cartell Christlicher Burschenschaften (CCB)

Ein eigener Bereich ist auch dem Thomastag bzw. Thomasbummel gewidmet. Diese einmalige und wichtige Veranstaltung im deutschen Farbenleben ist gerade für uns Nürnberger von herausragender Bedeutung. 

Wir möchten darauf hinweisen, dass die Informationen nur kurze Abrisse einer interessanten und großen farbenträchtigen Geschichte sein können und bei weitem nicht erschöpfend sind. Zusätzliche Details können auch in der Kategorie “Was ist…?” gefunden werden. Bei tiefergehendem Interesse freuen wir uns über jede Anfrage oder über ein Gespräch bei einer unserer zahlreichen Veranstaltungen.

Geschichte der Teutonia

Am 1. November 1920 bildeten unsere Gründungsväter ihren Studentenbund zunächst unter dem Namen der „Freien akademischen Verbindung Teutonia Nürnberg“. Die Gründungsfarben waren violett-orange-weiß. 

Es waren die Bundesbrüder Paul Scholl, Karl Raub und Eisendraut die an der zwei Semster zuvor gegründeten Handelshochschule in Nürnberg den Zulassungsantrag stellten. Die Bundesbrüder  wählten zur Abgrenzung zur ein Jahr zuvor gegründeten schlagenden Verbindung Landsmannschaft Hansea Nürnberg (heute im Coburger Convent) die nichtschlagende Form. Ein weiterer Grund war auch die ursprünglich katholische Prägung der Teutonia. Weiterhin kann man wohl auch aufgrund der im Ersten Weltkrieg gemachten tief prägenden Kriegserfahrungen einen Grund für diese Wahl sehen. 

Nicht umsonst wählten sie deshalb auch den Wahlspruch: 

“Dem Freund die Hand dem Vaterland das Leben!”

 

"Zur Baumwolle" Adlerstraße 18-20 90403 Nürnberg

Alsbald folgten die Beitritte der Bundesbrüder Dorn, Junginger, Schmidt und Späth im November 1920. Hierzu kam es zu einer erweiterten Gründungssitzung in Nürnberg. Die „Baumwolle“, die bis heute noch in der Nürnberger Altstadt besteht, da sie von den Bomben des Zweiten Weltkrieges verschont blieb, diente als Gründungsort. In der Adlerstraße 18-20 wird bis heute die Fränkische Küche gepflegt.

Die Chargia des ersten Farbensemesters: 

  • Scholl – x 
  • Wolf – xx 
  • Dorn – xxx 
  • Junginger – FM

Bereits im Dezember 1920 gehören der Teutonia 14 Bundesbrüder an. 

Im Januar 1921 wird der erste Freundschaftsvertrag mit einer anderen Verbindung geschlossen. Es ist dies die Burschenschaft Mainfranken zu Würzburg. 

Um der jungen Verbindung unter die Arme zu greifen, entschloss sich Rechtsanwalt Dr. Schlegel (Erstband der Christlichen Studentenverbindung Uttenruthia zu Erlangen) erster Philister zu werden. Unter Bundesbruder Dorn wird darum schließlich im Wintersemster 1922/23 der Philisterverein der Teutonia gegründet.

Im Sommersemster 1924 wird anlässlich des Stiftungsfestes die Prunkfahne geweiht und die letztendliche Bezeichnung Burschenschaft Teutonia Nürnberg angenommen. Damit verbunden war auch die Änderung zu den Farben rot-gold-rot. 

Am 4. Juni 1925 erfolgt die Aufnahme der Teutonia in den Schwarzburgbund (SB).

Während des Wintersemesters 1925/26 treten elf Bundesbrüder (Anhänger der nazionalsozialistischen Bewegung) wegen Unstimmigkeiten in der „nationalen Frage“ aus und gründen die „Nibelungen“ (Nibelungenkrise), was die verbliebenen Bundesbrüder der Teutonia in ihrer bundesbrüderlichen Freundschaft nur stärkt. Die verbliebenen Teutonen brachen jeden Kontakt zu den Ausgetretenen ab.

Die Aktivitas 1929

Im Juli 1928 wird im Kontumazgarten 8, Kleinweidenmühle das erste Verbindungsheim unserer Teutonia bezogen. Die Nazionalsozialisten verfügen schließlich, dass studentische Verbindungen sogenannte Wohnkameradschaftshäuser beziehen müssen. Dem Druck antwortend, wird das neue, zweite Heim in der Schildgasse Nr. 23 eingerichtet und die Räume im Kontumazgarten nach einiger Zeit aufgegeben.

Dennoch wird am 31. Dezember 1935 der Schwarzburgbund als Bund aktiver Verbindungen und damit auch die Aktivitas der Teutonia auf Druck der Nationalsozialisten aufgelöst. Die Mitgliedschaft in einer Studentenverbindung und gleichzeitig im Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund (NSDStB) war nach der Gesetzgebung der Nationalsozialisten nicht möglich. Voraussetzung für die Aufnahme und Ausübung eines Studiums war die Mitgliedschaft im NSDStB.

90. Stiftungsfest

Die Teutonen versuchen zumindest noch im Schriftwechsel die Kontakte weiterhin aufrecht zu erhalten. 

Am 3. Mai 1939 muss sich der Philisterverein auflösen und an Pfingsten des gleichen Jahres findet die letzte SB-Tagung in Schwarzburg statt. Anschließend erfolgt die vollständige und offizielle Auflösung der Burschenschaft Teutonia Nürnberg. 

Doch zehn Jahre später, am 29. April 1949, wird die Teutonia im „Adamsgarten“ mit ihrer alten Satzung wiedergegründet und am 18. Mai 1949 wieder an der Hochschule zugelassen. 

Während des Sommersemesters 1950 wird der SB als Aktivenbund anlässlich des 50. Stiftungsfestes der Burschenschaft Rheno-Germania Bonn wiedergegründet. Anfang April 1951 wird der Kontumazgarten Nr. 8 zum zweiten Mal Verbindungsheim. 

Mit dem Erwerb des Anwesens Ebenseestraße 19 in Nürnberg-Mögeldorf im Frühjahr 1964 wird sofort begonnen das Teutonenhaus als “Unser Haus” her- und einzurichten, um es am am 7. November 1964 einzuweihen. 

Während des Wintersemesters 1968/69 werden die neuen Grundsätze ausgearbeitet und beschlossen. Vom 3. – 5. Juli 1970 wird das 50. Stiftungsfest begangen. 

Die folgenden Jahre sind nachhaltig von den „68ern“ beeinflusst. In dieser Zeit ist es schwerer geworden neue Fuxen zu gewinnen oder diese zu halten, so dass die Aktivitas sich im Laufe der Zeit von ursprünglich einmal 40 – 70 Personen in den 50er und 60er Jahren auf unter 10 Personen in den 90er Jahren kontinuierlich verkleinert.

Im Jahr 1976 werden die ersten großen Renovierungs- und Erneuerungsarbeiten am Haus durchgeführt, bevor 1985 die zweite Hausrenovierung folgte. 

Seit der Wiedervereinigung unseres Vaterlandes finden auch wieder SB-Treffen in der alten Bundesheimat Schwarzburg statt. 

Am 23. März 1990 stirbt einer unserer Gründungsphilister, Valentin Söllner, im Alter von 94 Jahren. 

Die Burschenschaft Teutonia gründet am 19. August 1995 zusammen mit der Burschenschaft Ostmark Breslau zu Regensburg und der damaligen Burschenschaft Alemannia Leipzig-Erlangen zu Bamberg, heute Leipziger Burschenschaft Alemannia zu Bamberg den Convent Bayerischer Burschenschaften (CBB). Mit der Aufnahme der Burschenschaft Rheno-Germania Bonn 2000 entsteht das Cartell Christlicher Burschenschaften (CCB).

1999 erfolgt eine große Renovierung des Teutonenhauses im Bereich Keller und Bad. Im Jahre 2004 pendelt sich die Aktivenzahl wieder bei über zehn Bundesbrüdern ein.

2012 / 2013 erfolgt eine generelle Sanierung des Hauses.

Wichtige Kneiplokale, Orte und Heimaten unserer Teutonia in Nürnberg seit der Gründung

Gaststätte “Baumwolle” (Adlerstraße 8, Altstadt/ Gründungslokal, 1. Novemer 1920)

Hotel “Deutscher Kaiser” (Altstadt/ Erstes Kneiplokal)

Lokal Lutzgarten (Großreuth h.V./ langjährige Exkneipe bis zur Zwangsauflösung 13. Juli 1938)

Kontumazgarten 8 (Kleinweidenmühle/ Heim, Juli 1928 – November 1933)

Schildgasse 23 (Altstadt/ Heim, 7. November 1933 – 31. Dezember 1935)

Hotel Kaiserhof (Altstadt/ Offizielle Wiedergründung Philisterverein, 22. Mai 1948)

Adamsgarten (Offizielle Wiedergründung der Aktivitas, 29. April 1949)

Kontumazgarten 8 (bis 1954 wiederum Heim der Aktivitas)

Weinmarkt 12, Merkurhaus (Altstadt/ Heim, 20. Oktober 1956 – 1964)

Ebenseestr. 19 (Mögeldorf/ Teutonenhaus seit 7. November 1964)

Studentische Geschichte

Übersicht:

  • 1. Die Entstehung von Universitäten
  • 2. Der Lehrbetrieb an mittelalterlichen Universitäten
  • 3. Erste deutsche Universität
  • 4. Von Bursen zur Verbindung
  • 5. Das 18. Jahrhundert
  • 6. Das 19. Jahrhundert
  • 6.1 1813-1819: Von den Befreiungskriegen zu den Karlsbader Beschlüssen
  • 6.2 1820-1848/49: Restauration, Vormärz und Revolution
  • 7. 1850-1914: Reaktionszeit und Kaiserreich
  • 8. Das 20. Jahrhundert
  • 8.1 Die Weimarer Republik
  • 8.2 Das Dritte Reich
  • 8.3 Die Nachkriegszeit

1. Die Entstehung der Universitäten

Die europäische Form der hohen Schule, die Universität, entstand im Hochmittelalter, genauer, im 12. Jahrhundert. Bislang erfolgte die Ausbildung der Akademiker in Kloster- und Domschulen, die in der Regel nur für den eigenen Bedarf ausbildeten und nur selten auswärtige Kleriker aufnahmen. Diese Schulen standen unter der direkten Aufsicht des Abtes oder des Bischofs. Im 12.Jahrhundert nun entwickelten sich die Universitäten, wobei man nicht von der Vorstellung ausgehen darf, dass sie gegründet wurden – die erste reguläre Gründung durch einen Landesherrn erfolgte erst im 13.Jahrhundert, nämlich 1224 durch Friedrich II. in Neapel -, sondern sie entstanden im Laufe eines ungefähr 50jährigen Prozesses, bei dem zwei Schulen eine Vorreiterrolle übernahmen: Bologna und Paris. Das Neue an den Universitäten war, dass sie eine eigenständige Genossenschaft, einen Personenverband, mit der ausschließlichen Aufgabe der akademischen Lehre bildeten. In der Zusammensetzung dieses Personenverbandes gab es zwischen Bologna und Paris einen grundlegenden Unterschied. Die Bologneser Hochschule wurde von der universitas scholarium gebildet, also von den Studenten, und von einem studentischen Rektor geleitet. In Paris hingegen war die Hochschule als universitas magistrorum et scholarium verfaßt, als Genossenschaft der Lehrenden und Lernenden, wobei die Universität von den Professoren unter der Leitung des Kanzlers von Notre Dame geführt wurde. Bis zum Jahre 1200 traten noch Oxford, Montpellier und Salerno hinzu, bis um 1230 noch Reggio (Emilia), Vicenza, Arezzo, Padua, Neapel, Vercelli, Toulouse, Orleêans, Angers, Cambridge, Valencia und Salamanca. Neu war an den Universitäten ihre große, weitreichende, überregionale Wirksamkeit sowie die Freizügigkeit der Studenten, die nicht mehr an ihr Kloster oder an ihren Dom gebunden waren. Schließlich bedurften die Magister und Scholaren als Ortsfremde eines besonderen Rechtsschutzes, die Universität selbst einer besonderen Bestandsgarantie. Eine solche Garantie bot die Authentica habita Kaiser Friedrich Barbarossas aus dem Jahre 1158, die die Freizügigkeit der Bologneser Studenten gewährte und es verbot, sie für Schulden ihrer Landsleute haftbar zu machen. Dieses Privileg schrieb im nachhinein einen schon seit längerem bestehenden Zustand fest, ist somit also nicht als Gründungsurkunde anzusehen. Sinnfälligster Ausdruck der akademischen Freiheit und Loslösung der Institution Universität von älteren Einrichtungen war die eigene Gerichtsbarkeit und der eigene Gerichtsstand der Universität.

2. Der Lehrbetrieb an den mittelalterlichen Universitäten

Die Juristen in Bologna, die Theologen in Paris, die Mediziner in Montpellier und Lehrer verschiedener Fächer in Oxford zogen viele Scholaren vornehmlich West-, Mittel- und Südeuropas an. Das Leben an den Universitäten gestaltete sich im Einzelnen recht unterschiedlich, doch lassen sich dennoch viele Regelmäßigkeiten feststellen. Innerhalb der Universität schlossen sich die Studenten zu Nationes, landsmannschaftlichen Schutzgilden, zusammen, die wiederum in Korporationen vereinigt waren. In Bologna zum Beispiel umfaßte die „Korporation der Diesseitigen“ (citramontanorum – nämlich diesseits der Alpen) die drei Nationen der Italiener und die „Korporation der Jenseitigen“ (ultramontanorum – jenseits der Alpen) die 14 Nationen der Franzosen, Engländer, Deutschen und aller anderen. Demgegenüber verfügte Padua über vier Korporationen: 1. die Franzosen und Engländer, 2. die Italiener, 3. die Provençalen, Katalanen und Spanier und schließlich 4. die Deutschen. Die Universität mietete in den Städten hospicia, Wohnungen für Magister und Scholaren, in denen auch die Vorlesungen gehalten wurden, an. Größere Veranstaltungen fanden meist in kirchlichen Räumen statt. Auch der Markt für die Lebensmittel wurde von der Universität beaufsichtigt, um zum Beispiel durch die Festlegung von Höchstpreisen die Studenten vor Wucher zu schützen. Sie vermittelte fernerhin Darlehen für minderbemittelte Studenten, um zum einen die weite Anreise zu begünstigen, zum anderen den Schuldner an die Universität zu binden und somit die Freizügigkeit des Studenten einzuschränken. Des weiteren regelte die Universität die Professorenbesoldung. Entweder wurde ein städtisches oder ein fürstliches Salär gezahlt, oder aber die Studenten mußten durch Hörergelder die Bezahlung sicherstellen.

Aus den oben bereits erwähnten hospicia entwickelten sich im Laufe der Zeit von Paris ausgehend die Bursen. Dabei handelte es sich um Wohn-, Ess- und Lerngemeinschaften, bei denen ca. 10-15 Scholaren unter der Leitung eines Magisters in klosterähnlicher Abgeschiedenheit lebten. Räumlich bestand sie aus einem größeren heizbaren Lehr- und Speiseraum, um den herum die Schlafräume lagen. Aus einer gemeinsamen Kasse wurden die laufenden Kosten für die Verpflegung und Heizung gedeckt. Von dieser gemeinsamen Kasse, im spätmittelalterlichen Latein bursa genannt, leitete sich der Name sowohl für die ganze Einrichtung als auch für das einzelne Mitglied ab. Zu Bursch abgewandelt blieb dies die Bezeichnung für den Studenten bis ins 19.Jahrhundert hinein, ja, die gesamte Studentenschaft wurde Burschenschaft genannt. Erst in den zwanziger Jahren des 19. Jahrhunderts wurde daraus die Bezeichnung eines ganz bestimmten Typs der studentischen Organisation, der neben anderen bestand. In den Bursen wurde auch die Deposition eingeführt. Dabei handelte es sich um eine Einführungszeremonie in die Burse, bei der der neue Scholar verkleidet, bedroht, beschimpft, zum Teil mißhandelt und schließlich zu einer Beichte gezwungen wurde, woraufhin ihm schließlich die Absolution erteilt wurde, die ihm die Zahlung des Eintrittsgeldes für die Burse sowie die Kosten für ein üppiges Mahl aller Bursenmitglieder auferlegte.

3. Erste deutsche Universität

Es dauerte noch bis Mitte des 14. Jahrhunderts, ehe deutsche Scholaren an deutschen Universitäten studieren konnten. 1348 gründete Kaiser Karl IV. in Prag die erste deutschsprachige Universität. Noch im selben Jahrhundert folgten Wien (1365), Heidelberg (1386), Köln (1388) und schließlich 1392 Erfurt. Auch die deutschen Universitäten folgten in ihrem Aufbau den älteren Vorbildern. Sie ahmten die Eingliederung der Studenten in das System von Nation und Korporation, das schon in zwei Fällen beschrieben worden ist, nach. In Prag zum Beispiel existierten vier Nationen: Böhmen, Bayern, Sachsen und Polen.

Schon während des 15.Jahrhunderts und mehr noch im 16. Jahrhundert gerieten die Universitäten zunehmend unter die Botmäßigkeit der Landesherrn. Es begann ein Prozess, bei dessen Ende aus der selbständigen Institution Universität eine Einrichtung des modernen Staates geworden war, deren Aufgabe vorrangig die Ausbildung des akademischen Nachwuchses für den höheren Staatsdienst oder für hohe kirchliche Würden war. Das Studium war auf die Zwecke des Staates ausgerichtet. Universitäten waren somit Lehranstalten, deren Besuch gezielt zu einem Beruf als Jurist, Theologe oder auch als Mediziner führte. Der Student war mehr höherer Schüler als Student, in strenger Zucht gehalten, was bei den Heranwachsenden eine gewisse Aufmüpfigkeit erzeugte und einen aufrührerischen Lebenswandel hervorrief.

4. Von Bursen zur Verbindung

Ausdruck des oben beschriebenen Vorganges war der Niedergang der Bursen. Erst gegen Ende des Mittelalters konnten die Studenten kleine private Zirkel bilden, die nur der gemeinsamen Geselligkeit dienten. Sie sind 1477 in Pavia und 1514 in Leipzig belegt, wobei es sich um landsmannschaftliche Gruppierungen handelte. Vorher waren die studentischen Zusammenschlüsse als Burse, Nation und Korporation Teil der Universität, ja, mehr noch, sie waren die Universität selbst. Studentische gesellige Vereinigungen existierten mithin erst in der Neuzeit. Die Studenten knüpften dabei natürlich an bestehende Traditionen an: die landsmannschaftlichen Zusammenschlüsse hießen Nationen, die Studenten nannten sich selbst Burschen. 

Universität Altdorf

Die Deposition entwickelte sich zu einem formalen Akt, zu einem Ritus bei der Immatrikulation an der Universität. Als solche blieb sie bis gegen Ende des 18. Jahrhunderts bestehen. Noch der Ritter von Lang, der im April 1782 in Altdorf (was zu Freien Reichstadt Nürnberg gehörte) ein Jurastudium begann, erwähnt in seinen Erinnerungen, dass er unter bewaffneter Begleitung eines Depositors dem Rektor vorgeführt und immatrikuliert wurde. Auch die Burschen in der Nation übernahmen die Deposition und bauten sie zum Pennalismus aus, der das studentische Leben im 16. und 17. Jahrhundert bestimmte. Es handelte sich dabei um einen Brauch, bei dem der Studienanfänger – der Pennal – ein ganzes Jahr lang, manchmal sogar noch länger, die älteren Studenten von vorne bis hinten bedienen musste, ja zum Teil sogar aushalten musste, was den Pennäler natürlich hoch verschuldete. Dies geschah darüberhinaus nach heutigen gesellschaftlichen Regeln unter erniedrigenden und entwürdigenden Umständen. So musste der Pennäler zum Beispiel bei gemeinsamen Zechgelagen unter dem Tisch sitzen, wenn er nicht gerade bediente, und durfte zum Schluss auch noch die gesamten Kosten tragen. Für bereits kleine Fehler oder Unachtsamkeiten oder gar Widerspruch wurde er unnachsichtig bestraft, mitunter auch misshandelt. Begründet wurde dieser Brauch damit, dass es sich bei dem Pennäler um einen noch unwissenden, unreifen Schüler handele, der erst durch das Pennaljahr zu einem quasi Neugeborenen, endlich Gleichberechtigten bekehrt werden müsse. Von den Universitäten wurde dieser Brauch, ebenso wie dessen Träger, die Nationen, energisch bekämpft, allerdings mit geringem Erfolg. Die Nationen hatten immerhin bis Ende des 17. Jahrhunderts Bestand gehabt, und der Pennalismus erlebte während des 30jährigen Krieg seine Blüte.

5. Das 18. Jahrhundert

Die bestehenden, nach landsmannschaftlichen Gesichtspunkten verfassten Nationen erlebten im 18. Jahrhundert die Entwicklung zu den studentischen Verbindungen modernen Typs. Erstmals für die zweite Hälfte des Jahrhunderts sind schriftliche Statuten überliefert, die das Verbindungsleben zu regeln versuchten. Unterordnung unter einen Vorsitzenden, dem Senior, Mehrheitsbeschlüsse, geselliges Miteinander, Satisfaktion von Beleidigungen, gemeinsames Auftreten nach außen bestimmten jetzt das Leben der Landsmannschaften, die aber dennoch von einem eher lockeren Zusammenhalt geprägt waren. So endete auch die Zugehörigkeit zu einer Landsmannschaft mit dem Studienabschluss; einen Lebensbund bildeten sie also nicht. Dieses war erst Ergebnis einer anderen Entwicklung, nämlich der Herausbildung der Orden gegen Ende des Jahrhunderts, die neben den Landsmannschaften die zweite Gruppe der Verbindungen bildeten. Bei den Orden handelte es sich um studentische Zusammenschlüsse nach dem Vorbild der Freimaurerlogen. Mit diesen teilten sie 1. die Geheimhaltung, 2. die exklusive Auswahl ihrer Mitglieder, 3. ein durchdachtes und kompliziertes Zeremoniell und schließlich 4. das Lebensbundprinzip. Sie unterschieden sich aber nicht nur äußerlich von den Landsmannschaften, sondern auch dadurch, dass sie ein weltanschauliches Programm hatten, das in ihren Namen zum Ausdruck kam: Amicisten, Konstantisten, Harmonisten oder Unitisten nannten sich die vier größten Orden. Von diesen Ordnen stammte nicht nur die Tradition des Lebensbundes, sondern auch der Zirkel als äußeres Zeichen sowie die Kreuze zur Kennzeichnung des Vorstandes. Da die Orden sehr mit den aufklärerischen Ideen der Französischen Revolution sympathisierten und durchaus politische Zielsetzungen verfolgten, wurden sie von der Obrigkeit auf das Strengste verfolgt, weshalb sie sich nicht durchsetzen konnten und um 1800 verschwanden.

Neben den Orden und Landsmannschaften existierten noch andere Freundschaftsbünde, Kränzchen genannt, die völlig apolitisch waren und deshalb von der Obrigkeit geduldet wurden. Diese Kränzchen übernahmen wesentliche äußere Merkmale der Orden, ohne allerdings die politische Programmatik weiterzuverfolgen. Hieraus entwickelten sich um die Jahrhundertwende die ersten Corps, die unabhängig von der landsmannschaftlichen Herkunft die Studenten zusammenschloss. Bis heute besteht das 1798 gegründete Erlanger Corps Onoldia.

6. Das 19. Jahrhundert

Um die Wende zum 19. Jahrhundert und in dem sich anschließenden Jahrzehnt wurde die bestehende Universitätsverfassung, die die Universität als reine Lehreinrichtung für Juristen, Theologen und Mediziner mit der Aufgabe, „das Wissen statisch als zu tradierende Summe der Erkenntnis weiterzuvermitteln, verstand, von progressiven Reformern hinterfragt. Fichte, Schelling, Schleiermacher, Steffens und vor allem Wilhelm von Humboldt propagierten ein neues Wissenschaftsverständnis, das das Wissen „als etwas noch nicht ganz Gefundenes und nie ganz Aufzufindendes“ (Humboldt) betrachtete und daraus die Forderung ableitete, dass das Wissen ständig erweitert und vergrößert werden müsse. Das war etwas anderes als das bisherige mechanische Auswendiglernen bestehender Kenntnisse und das Aneignen bestimmter Fähigkeiten. Die Universität wurde als Forschungsstätte konzipiert, wie sie bei den Neugründungen in Berlin (1810), Breslau (1811) und Bonn (1818) berücksichtigt wurde. Man muss diese Universitätsreform im Zusammenhang mit den anderen Reformbemühungen der damaligen Zeit sehen, die versuchten, ein neues, anderes Verhältnis des Einzelnen zum Staat zu schaffen, nämlich weg vom Untertan hin zum mitverantwortlichen Staatsbürger. In der anschließenden Restauration wurde dann die Entwicklung rückgängig gemacht, indem man zu dem alten Prinzip der Universitäten als Ausbildungsanstalt für den Staat zurückkehren wollte.

6.1 1813-1819: Von den Befreiungskriegen zu den Karlsbader Beschlüssen

Diese neue Konzeption der Universität und das dadurch geprägte Selbstverständnis der Studenten wurde für die Weiterentwicklung der Verbindungen von größter Bedeutung. Angespornt durch die patriotischen Schriften Friedrich Ludwig Jahns, Ernst Moritz Arndts und Johann Gottlieb Fichtes, um nur die wichtigsten zu nennen, beteiligten sich viele Studenten in dem Befreiungskampf gegen die napoleonische Fremdherrschaft und schlossen sich deshalb dem Lützowschen Freicorps an, das 1813 durch Major Adolf Freiherr von Lützow mit Erlaubnis des preußischen Königs gegründet worden war, um die regulären Truppen zu unterstützen. Befreiungskampf bedeutete aber nicht nur Widerstand gegen die fremde Besetzung, sondern auch den Kampf um die nationale Einheit Deutschlands mit einer repräsentativen Verfassung, meinte also auch die Befreiung von den kleinen absolutistischen Fürstentümern in Deutschland. Gerade um dieses Ziel sahen sich die freiwilligen Kriegsteilnehmer betrogen, als der Wiener Kongress am 9./10. Juni 1815 unter Metternichs Ägide die Schlussakte verabschiedete. 

Um die obengenannten politischen Ziele weiterzuverfolgen, gründeten zwei Tage später, am 12. Juni 1815, 143 Studenten in Jena die erste Burschenschaft, meist verkürzt zu Urburschenschaft, mit dem Wahlspruch „Ehre, Freiheit, Vaterland“. 

Damit knüpften die Burschenschaften an studentische Traditionen an (Ehre) und gaben der Forderung nach demokratischen Freiheitsrechten und der politischen Einheit des Vaterlandes Ausdruck. Es handelte sich also um eine Verbindung mit dezidiert politischer Zielsetzung und einer paramilitärischen Tradition, die mit ihrem Namen – Bursche wurde gleichbedeutend mit Student gebraucht – die gesamte Studentenschaft zu mobilisieren trachtete. Die Burschenschaft knüpfte natürlich an bestehende studentische Formen an, leitete aber aus ihrem Programm eine Führungsrolle vor den älteren Landsmannschaften und Corps ab, welche im weiteren Verlauf des Jahrhunderts das Verhältnis der Korporationen untereinander bestimmte, wenn nicht sogar bisweilen belastete.

Um ihren politischen Forderungen Nachdruck zu verleihen, verließen die Burschenschafter die Universität und traten mit einer großen Kundgebung an die Öffentlichkeit heran. Anlass dazu bot die 300-Jahr-Feier der Reformation (1517) und der dritte Jahrestag der Völkerschlacht bei Leipzig im Oktober 1817. Ungefähr 400 Burschenschafter aus Jena, Kiel, Göttingen, Gießen, Berlin und anderen Universitäten kamen zu einem gesamtdeutschen Treffen auf der Wartburg zusammen, um ein deutliches Zeichen des Widerstandes gegen die beginnende Restauration zu setzen.

Wartburgfest

Der Theologiestudent Arminius Riemann und die Professoren Lorenz Oken und J. F. Fries aus Jena hielten die Regierungen herausfordernde Reden, und am Abend verbrannten nach einem gemeinsamen Fackelzug einige Studenten auf der Wartburg mehrere, die alte Ordnung verteidigende Schriften sowie einen Zopf und Korporalsstock als Symbole des Ançien Rêgime. Diese Aktion weckte das Misstrauen der Regierungen des Deutschen Bundes, vor allem Österreichs und Preußens, und sie werteten sie als Anschlag auf die staatliche Ordnung. Zu einer systematischen Verfolgung der Burschenschaften kam es jedoch erst, als der Theologiestudent Karl Sand, der dem politisch radikalen Kreis der Unbedingten um den Juraprofessor Karl Follen in Gießen angehörte, am 23. März 1819 den russischen Geheimberichterstatter und Schriftsteller August von Kotzebue ermordete. Dadurch wurde das Präsidium des Deutschen Bundes veranlasst, die Burschenschaften auf das Schärfste zu verfolgen und auszumerzen. Am 20. September 1819 verabschiedete der Frankfurter Bundestag die auf einer Konferenz in Karlsbad verfassten Beschlüsse, die neben einer Beschneidung der Pressefreiheit und Errichtung einer zentralen Untersuchungsbehörde in Mainz auch ein Gesetz über die Verhältnisse an den Universitäten beinhalteten. So wurde jeder Universität ein außerordentlicher landesherrlicher Beamter – also kein Universitätsangehöriger – beigeordnet, der über die Staatstreue der Professoren und Studenten zu wachen hatte und, falls sie aufrührerische Reden und Schriften verbreiteten, sie der Untersuchungsbehörde in Mainz melden musste. Die Burschenschaften wurden verboten. Die Jenaer Burschenschaft wurde 1819 zur öffentlichen Auflösung gezwungen. Es gelang den deutschen Länderregierungen, die Burschenschaften derart zu verfolgen, daß sie in den frühen zwanzigerJahren keinerlei Aktivität mehr an den Tag legen konnten.

6.2 1820-1848/49: Restauration, Vormärz und Revolution

Diese zielstrebige Unterdrückung zwang die Burschenschaft zwar nicht für immer in den Untergrund, jedoch zur Aufgabe der politischen Inhalte und des allgemeinstudentischen Anspruchs, so dass sie zu einer Korporation neben den traditionellen, jetzt wieder neu belebten Landsmannschaften und Corps wurde. Ende der zwanziger Jahre konnten sich auch wieder versteckt einzelne Burschenschaften gründen, da die Verfolgung nicht mehr so streng durchgeführt wurde. 1827 wurde die zentrale Untersuchungskommission in Mainz aufgehoben, und in Bamberg wurde im Geheimen die Allgemeine Deutsche Burschenschaft konstitutiert, die allerdings bald in zwei Fraktionen zerfiel: die Arminen waren zwar auch politisch ausgerichtet, wandten sich aber mehr dem studentischen und universitären Leben zu, während die Germanen politisch wesentlich radikaler waren und sich massiv für eine republikanische Verfassung einsetzten.

Die Revolution vom Juli 1830 in Frankreich verhalf der demokratischen und nationalen Einigungsbewegung zu einer Neubelebung, die über die studentischen Kreise weit hinausging und das Kleinbürgertum und die Handwerkerschaft mit einbezog. Die Nationalbewegung gipfelte in einer großen Demonstration Ende Mai 1832 auf dem Hambacher Schloß, die als Hambacher Fest in die Geschichte einging. Diese Volksversammlung wurde zwar unter maßgeblicher Beteiligung der Heidelberger Studentenschaft durchgeführt, jedoch unter den ca. 30.000 Teilnehmern machten sie nur einen geringen Teil aus. Von einer Revolution war man noch weit entfernt. Der „Frankfurter Wachensturm“ ging am 3.4.1833 in die Geschichte ein. Etwa 50 Burschenschafter scheiterten an dem Versuch, den Startschuss für die Revolution zu geben. Als Folge begann eine erneute Welle von Verhaftungen, Verfolgungen, Unterdrückungen und Verboten von Burschenschaften in ganz Deutschland. Resultat des Putschversuches war die Einrichtung einer neuen Zentralbehörde in Frankfurt, die nachhaltig und mit großem Erfolg Revolutionäre und Burschenschafter verfolgte und den Gerichten überwies, so dass viele von ihnen zu langen Festungsstrafen oder gar zum Tode verurteilt wurden. Wieder bedeutete die Zerschlagung der Burschenschaften die Aktivierung der anderen Verbindungen.

So kam es in den dreißiger und vermehrt in den vierziger Jahren zu Gründungen von konfessionellen Verbindungen, die einen betont apolitischen Kurs steuerten und einen sittlich-zurückhaltenden Lebenswandel an den Tag legten: sie lehnten äußere Merkmale ab und erachteten das Duell für unwürdig. Die erste dieser Verbindungen, die 1836 gegründete Uttenruthia in Erlangen, existiert noch heute. Von den christlich-ökumenischen Verbindungen setzten sich die Katholiken ab, um sich in der vom Protestantismus geprägten Hochschullandschaft mehr Gehör zu verschaffen. Deswegen griffen katholische Verbindungen bewusst auf äußerliche burschenschaftliche Formen zurück, um somit öffentlich für die Emanzipierung des Katholizismus einzutreten.

Im Frühjahr 1848 kam es in vielen deutschen Staaten zu Aufständen gegen die Monarchie. Träger dieser sog. Märzrevolution waren nicht nur Studenten und Gelehrte, sondern auch die breite Masse der Arbeiter und Bauern. Die regierenden Monarchen wichen dem Druck und machten demokratische Zugeständnisse. Schon am 18.5.1848 tagte das erste deutsche Nationalparlament in der Frankfurter Paulskirche. Auch viele Burschenschafter wurden in dieses erste deutsche Parlament gewählt.

Märzrevolution

In der Ära der Frankfurter Paulskirche wurden Rechtsgleichheit, Freiheit der Person, Meinungs- und Glaubensfreiheit, Vereins- und Versammlungsfreiheit und die Abschaffung der Hörigkeit und Untertänigkeit beschlossen. Dieses erste deutsche Parlament und damit die Revolution insgesamt scheiterte zwar an der Uneinigkeit der Abgeordneten, dennoch blieben viele der Reformen erhalten.

Die Errungenschaften der Revolution ermöglichten die Wiederbegründung der Burschenschaften in Deutschland.

7. 1850-1914: Reaktionszeit und Kaiserreich

Die progressistische Studentenbewegung zwang die älteren Studentenverbindungen zu einer Konsolidierung ihrer Formen und Traditionen. So gründeten am 26. Mai 1855 sieben Corps den Kösener-Senioren-Convent-Verband, der somit den ersten nationalen Dachverband bildete und die unbedingte Satisfaktion in den Vordergrund seiner Aktivitäten stellte. In der nach der Revolution einsetzenden Reaktionsepoche verloren die Verbindungen größtenteils ihre politische Zielsetzung und entwickelten sich zu rein akademischen Lebensgemeinschaften. Lediglich die Germanen setzten die Tradition der politischen Betätigung fort und, da über diese Frage selbst untereinander kein Konsens erzielt werden konnte, gerieten Sie in der folgenden Zeit ins Abseits. In der zweiten Hälfte des Jahrhunderts, die studentischen und korporativen Lebensformen waren voll ausgebildet, entwickelten sich die Verbindungen zu den dominierenden Institutionen an der Universität, wobei vor allem die Corps die führende Rolle einnahmen. Verbindungen hatten sich ihren Platz in der Gesellschaft erkämpft: ausgehend von verbotenen Landsmannschaften, verfolgten Orden und Burschenschaften, manchmal geduldeten Kränzchen und Corps, wurden sie zur staatstreuen und fast sogar staatstragenden Einrichtung: Kaiser Wilhelm II. selbst galt als „oberster Corpsstudent des deutschen Reiches“. Es fand im 19. Jahrhundert ein völliger Wechsel der gesellschaftlichen Bedeutung der Verbindungen statt, der im Rückblick die Zeit im Kaiserreich als Blütephase erscheinen lässt. Dafür spricht, dass ca. ein Drittel aller Studierenden Mitglieder in Verbindungen waren, in manchen Universitätsstädten sogar weit mehr als die Hälfte. Wenn die alten Verbindungstypen anfänglich eine Führungsrolle einnahmen, so wurde doch im Laufe der Zeit die Spannweite um neue, verschieden ausgerichtete Korporationen wesentlich vergrößert: schlagende, nicht schlagende, farbentragende, nicht farbentragende, konfessionelle, sich auf einzelne akademische Disziplinen beschränkende, musische Verbindungen (Sondershäuser Verband), Turnverbindungen usw. 1861 wurde das Süddeutsche Kartell (unter anderem mit der Erlanger Germania) als Kartell von Burschenschaften gegründet. Auch gesellschaftlich diskriminierte Gruppen wie Juden und akademisch unterrepräsentierte wie die Frauen gründeten ihre eigenen Verbindungen (ab 1908 waren Frauen in Preußen ohne Einschränkung zum Studium zugelassen). Diesem gesellschaftlichen Wechsel entsprach ein Wandel der politischen Orientierung: jetzt, da die Einigung Deutschlands gesichert war, wurde aus der nationalen Bewegung eine nationalistische, die ihre Ziele von 1848 erreicht sah, ihr progressives und liberales Erbe gegen eine konservative Grundüberzeugung tauschten und somit die Wende zum Illiberalismus einleiteten, der das Leben der Akademiker bis zum Ersten Weltkrieg bestimmen sollte.

8. Das 20. Jahrhundert

 8.1 Die Weimarer Republik

Das Studium in den zwanziger Jahren war darüberhinaus einer äußerst desolaten wirtschaftlichen und finanziellen Lage gekennzeichnet: es fehlte, vor allem nach dem Ersten Weltkrieg, die häusliche Unterstützung durch die Eltern, weshalb sich viele Studenten ihr Studium durch Büro- und Industriearbeit selbst finanzieren mußten (Werkstudententum), was natürlich das Studium auf das Äußerste behinderte. Es fehlte aber auch an Wohnraum – das Angebot blieb bei steigenden Studentenzahlen ungefähr gleich mit der Folge, dass die Mieten stiegen – und auch die Ernährungssituation war derart miserabel, daß sich in Teilen der unterernährten Studentenschaft tuberkulöse Erkrankungen ausbreiteten. Neben die Vermassung der Universität trat die Verelendung der Studenten. Dieses führte zur Einrichtung auch heute noch bestehender sozialer Einrichtungen, wie des Deutschen Studentenwerks, 1929 gegründet, welches mit seinen Wohnheimen ungefähr ein Zehntel und mit seinen Mensen ungefähr ein Drittel aller Studenten erreichte, oder auch der Studienstiftung des deutschen Volkes, die nach 1925 eine kleine Anzahl begabter Kinder aus Arbeiter- und Bauernfamilien förderte. Die Form des Werkstudententums versagte allerdings Ende der zwanziger Jahre, da in dieser Zeit der Arbeitslosigkeit für Studenten keine Stellen offen waren.

Diese kurze Charakteristik zeigt, welch eminent wichtige soziale Versorgungsfunktion die Korporationen mit ihren Häusern für die Studenten ausübten und welche Attraktivität die Beziehung zu Alten Herren hatte. Korporationen waren beliebt wie nie zuvor. Sie wuchsen mit den steigenden Studentenzahlen und der Korporationsgrad unter den Studenten stieg über den der Kaiserzeit noch hinaus und erreichte Anfang der dreißiger Jahre seinen Höhepunkt. Es gab immerhin 49 Dachverbände mit mehr als 1300 Korporationen.

Im Februar 1926 erfolgte die Gründung des Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbundes (NSDStB). In den ersten zwei Jahren seines Bestehens steuerte er einen Konfrontationskurs gegen die seiner Meinung nach arroganten und überheblichen Verbindungen. Nach 1928 änderte sich diese Politik zugunsten der Verbindungen, um das, so geglaubt, dort vorhandene antidemokratische und republikfeindliche Potential anzusprechen. Seiner Konzeption nach ein politischer Studentenbund, führte 1930 der Erlass einer „Ehrenordnung“, die das Ausfechten von Ehrbeleidigungen für NSDStB-Mitglieder zuließ, zu einer äußerlichen Annäherung an die Verbindungen, zumal es an einigen Universitäten einen beachtlichen Anteil von Doppelmitgliedschaften gab, obwohl es auch zum Teil Widerstand gegen die parteipolitische Inanspruchnahme der Verbindungen durch den NSDStB gab. 1932 hatte er die Mehrheit in der Deutschen Studentenschaft erreicht, nachdem er schon an vielen Universitäten den ASTA (Allgemeine Studentenausschüsse stellte, und führte mit deren Hilfe am 10. Mai 1933 die berüchtigte Bücherverbrennung durch.

8. 2 Das Dritte Reich

Mit der Machtergreifung Hitlers wurden die Burschenschaften, wie alle Korporationen, immer mehr unter Druck gesetzt sich dem NS-Regime unterzuordnen. Das Dritte Reich duldete im Rahmen der Gleichschaltung keine anderen Verbindungen außer dem NS-Studentenbund. So war das freiheitliche Gedankengut, insbesondere der Burschenschaften, den Nationalsozialisten ein Dorn im Auge. Ein Teil der Verbindungen widersetzte sich v.a. der Arsisierung innerhalb ihrer Bünde und wurden daraufhin aufgelöst. In den Verbänden kam es über diese Fragen zu internen Auseinandersetzungen, da auf der einen Seite diese Politik dem Lebensbundprinzip entgegenstand, andererseits man aber gesetzestreu sein wollte und die Arisierung befürwortete. 

Die jüdischen Verbindungen selbst traf es gleich nach der Machtübernahme 1933: ihre Häuser wurden von der SA besetzt, das Vermögen beschlagnahmt und somit die Korporation aufgelöst. Zur generellen Auflösung der Verbindungen kam es erst, als während des Sommersemesters 1935 Mitglieder des Heidelberger Corps Saxo-Borussia im KSCV sich mehrmals in der Öffentlichkeit despektierlich über Adolf Hitler äußerten („Heidelberger Spargelaffäre“). 

Dagegen schritt die NS-Führung ein: zunächst wurden Doppelmitgliedschaften zwischen HJ und NSDStB mit den Korporationen verboten. 

Durch Beschluss des NS-Regimes war die Mitgliedschaft im NSDStB Voraussetzung für die Aufnahme eines Studiums. Eine zeitgleiche Mitgliedschaft in einer Studentenverbindung und im NSDStB war nicht möglich, wodurch die Studentenverbindungen zwangsweise früher oder später, auch durch sich  stetig verstärkende Repressalien durch die Nazis gegenüber ihren Mitgliedern, ihrem Untergang entgegenschritten.

Um der zwanghaften Auflösung durch das NS-Regime zuvorzukommen wählten viele Studentenverbindungen den Weg der Selbstauflösung.

Einzelne Verbindungen unterstellten sich dann als Kameradschaften dem NSDStB, zogen sich aus den verschiedensten Dachverbänden zurück und zwangen diese somit mit zur Auflösung. 

Einige Altherrenverbände lösten sich mit auf, andere konnten im Stillen bis Kriegsende bestehen bleiben. 

Die Studenten waren jetzt in Kameradschaften gegliedert, die zum Teil die Häuser der Verbindungen weiter benutzten und von ihren Altherrenschaften, jetzt im NS-Altherrenbund zusammengeschlossen, unterstützt wurden. 

Verdeckt hielten sich die Korporationstraditionen bis 1945, als die Kameradschaften von den Alliierten verboten wurden.

8.3 Die Nachkriegszeit

Während die Militärregierungen in ihren Besatzungszonen die Korporationen verboten, und auch die Westdeutsche Rektorenkonferenz in ihrem Tübinger Beschluss vom Oktober 1949 betonte, dass für Mensuren, den besonderen studentischen Ehrbegriff, die Abhaltung lärmender und geistloser Massengelage und für das Farbentragen in der zukünftigen studentischen Gesellschaft kein Platz mehr sei, konnten sich dennoch schon 1950 durch die Aktivitäten der Alten Herren viele Verbindungen wieder gründen. Sie zogen auch nach dem Kriege das gesellige Leben an der Universität stark an, konnten sich jedoch unter den Studenten nicht so sehr durchsetzen, so dass der Korporierungsgrad hinter dem der Weimarer Republik zurückblieb.

In den fünfziger Jahren hielten sich die Studenten politisch eher bedeckt. Zwar beteiligte sich ein Teil der Studentenschaft an den Demonstrationen gegen die Wiederbewaffnung und an der Anti-Atomtod-Bewegung, doch gewannen sie hier keine bedeutende politische Initiative. Dieses änderte sich erst in der zweiten Hälfte der sechziger Jahre, als der internationale Protest gegen den Vietnamkrieg auch die deutschen Studenten mobilisierte, und in dem Widerstand gegen die Notstandsgesetze der Großen Koalition, gegen die Springer’sche Pressekonzentration, gegen die Ordinarienuniversität seine spezifische deutsche Ausprägung gewann. Für die weitere Entwicklung der studentischen Subkultur war die Studentenrevolte von entscheidender Bedeutung, da die konventionelle bürgerliche Lebensart in Frage gestellt und neue, antiautoritäre Lebensstilkonzepte entwickelt wurden, die, im Gegensatz zu den damals vertretenen politischen Utopien, heute in breiter Front Eingang in die Gesellschaft gefunden haben. Verbindungen wurden dabei als Relikte aus alter Zeit kritisiert, und insbesondere wegen ihrer jüngsten Geschichte angefeindet. Diese Kritik wirkte sich negativ auf die Verbindungen aus: von den rund 1,3 Millionen Studenten sind rund 21.000 korporiert; ein verschwindend geringer Teil.

Mit der Wiedervereinigung gewann dass Studentenleben in Deutschland einen Teil seiner Geschichte wieder zurück. So gründete sich 1990 mit der Burschenschaft Jenensia Jena im Osten unseres vereinten Vaterlandes erstmals wieder eine Burschenschaft nach dem 2. Weltkrieg neu.

Geschichte des Schwarzburgbundes

Am 5. März 1836 unterzeichneten dreißig Studenten in Uttenreuth bei Erlangen die Eingabe an das Stadtkommissariat, am 8. März 1836 wurde diese bewilligt, am 9. März 1836 stieg die erste Kneipe.

Die heutige Christliche Studentenverbindung Uttenruthia, die spätere Mutterverbindung des SB, war geboren. Waren schon die Trenkle’schen Thesen ungewöhnlich – es fehlte jede Anlehnung an den Wahlspruch der Jenaer Urburschenschaft „Ehre, Freiheit, Vaterland“ – so stellte die Ablehnung von Trinkzwang, Mensur und Duell in jeder Form eine Revolution im Verbindungswesen dar.

Weitere Verbindungen suchten den Zusammenschluss mit der Uttenruthia. Über eine lange Reihe von Richtungskämpfen, Austritten und Abspaltungen kamen schließlich Pfingsten 1887 vier Verbindungen in Schwarzburg zusammen und gründeten den Schwarzburgbund: 

Die Uttenruthia Erlangen, Tuiskonia Halle, Sedinia Greifswald und Nordalbingia Leipzig.

Schwarzburg

Ein Verdienst des Schwarzburgbundes war ohne Zweifel der Versuch der sittlichen Erneuerung der deutschen Studentenschaft. In Erlangen erreichte die Uttenruthia um die Wende zum 20.Jahrhundert, dass drei Viertel aller Studenten die Universität durchliefen, ohne Fechtzweikämpfe durchgestanden zu haben. An anderen Hochschulorten mag die Situation durch den Einfluss von SB-Verbindungen ähnlich gewesen sein. Die vier Gründungsverbindungen blieben mit ihren Idealen nicht allein: In den nächsten Jahrzehnten wuchs der Schwarzburgbund auf über 20 Verbindungen in Deutschland und Österreich an und hatte seinen festen Stellenwert im universitären Leben.

Im „Dritten Reich“ wurden alle Verbindungen zum 31.12.1935 verboten. Der Schwarzburgbund wurde 1939 zwangsaufgelöst.

1946 wurde die Uttenruthia Erlangen als erste deutsche Studentenverbindung wieder zugelassen. 1951 wurde der Schwarzburgbund wieder begründet. Heute gibt es etwa 25 aktive Verbindungen und 30 Philistervereine mit rund 3000 Bundesgeschwistern.

Der Dachverband, von dessen älteren Verbindungen viele aus der Tradition der fortschrittlichen „Progressburschenschaften“ hervorgingen, steht auch heute neuen Ansätzen aufgeschlossen gegenüber.

Auch der Verzicht auf das strikte Christianum geht auf diese Zeit zurück. Damals wurde die Satzung dahingehend geändert, dass die SB-Bundesbrüder zwar nicht Mitglied einer christlichen Kirche sein mussten, aber dem christlichen Glauben gegenüber aufgeschlossen sein und „sich aktiv mit dem Christentum auseinandersetzen“ sollten.

In Folge der Veränderungen der 68-er überließ der SB 1972 als einer der ersten studentischen Dachverbände den einzelnen Bünden die Entscheidung über die Aufnahme von Frauen. Heute ist etwa die Hälfte aller SB-Verbindungen gemischt, damit ist der SB der größte Dachverband in Deutschland mit gemischten Studentenverbindungen.

Schwarzburgbund Zeichen

1996 wurde mit der AV Athenia zu Würzburg die erste reine Damenverbindung in den Schwarzburgbund aufgenommen. Damit ist der SB auch der erste und bislang einzige Dachverband, in dem gemischte Verbindungen, reine Männerbünde und reine Damenverbindungen vertreten sind.

Um mehr über den Schwarzburgbund zu erfahren, folgenden Verweis folgen: www.schwarzburgbund.org

Cartell Christlicher Burschenschaften (CCB)

CCB Banner

In Regensburg trafen sich am 19. August 1995 Vertreter dreier Burschenschaften des Schwarzburgbundes. Es handelt sich dabei um Gesandte der:

  • Burschenschaft Ostmark Breslau zu Regensburg
  • Burschenschaft Alemannia Leipzig-Erlangen zu Bamberg (heute: Leipziger Burschenschaft Alemannia zu Bamberg)
  • Burschenschaft Teutonia Nürnberg.

Das Ziel dieser Zusammenkunft war es, eine engere Zusammenarbeit dieser Burschenschaften voranzutreiben und sich für ihre gleichen Werte und Gepflogenheiten innerhalb des Schwarzburgbundes stark zu machen, sowie diese nach Außen hin zu vertreten.

Daraus resultierte die Gründung des Convents Bayerischer Burschenschaften (CBB).

Die festgehaltenen Ziele des CBB waren:

  • Stärkung des burschenschaftlichen Profils in der Öffentlichkeit
  • Belebung von Tradition und Comment
  • Gemeinsame Positionsbestimmung in der Öffentlichkeit
  • Intensivierung der Zusammenarbeit

Darüber hinaus war man sich einig, dass der CBB:

  • ein Zusammenschluss geographisch naheliegender, nichtschlagender, farbentragender Burschenschaften ist
  • ein klares Bekenntnis zur urburschenschaftlichen Tradition vertritt
  • sich zum Männerbund bekennt
  • von seinen Mitgliedern eine verantwortungsbewusste Lebensführung im Sinne christlicher Ethik verlangt
  • bei offiziellen Veranstaltungen besonderen Wert auf Comment und Kleidung legt
  • das Profil des Schwarzburgbundes (SB) zu fördern und die Tugenden und die Wurzeln des SB zu erneuern.

Nach Einigung und Verabschiedung der beschriebenen Positionen, nahm der CBB erfolgreich seine Arbeit auf.

Bald zeigte sich, dass andere, nicht-bayerische Verbindungen, Interesse an einer Zusammenarbeit mit dem Bund hatten, so dass eine Öffnung und Neugestaltung erwogen wurde. Es folgte die Umbenennung von CBB in CCB.

Am 6. November 1999 schließlich, kam es dann zum ersten Convent des Cartells Christlicher Burschenschaften (CCB) und der Annahme der derzeit gültigen Satzung

Ziel und Zweck des CCB ist seit dem Jahr 2000, basierend aus der christlichen Richtung der Urburschenschaft von 1815:

  • Die Pflege des urburschenschaftlichen Gedankengutes christlicher Prägung zeitgemäß fortzuführen
  • Der Verantwortung vor Gott, vor der Schöpfung, vor dem Mitmenschen und vor sich selbst gerecht zu werden
  • Den Studenten auf die Verantwortung des Akademikers für die Entwicklung Deutschlands und Europas vorzubereiten und zu wachem, staatsbürgerlichem Interesse und echtem Gemeinschaftssinn anzuhalten
  • Das Profil des Schwarzburgbundes zu fördern und die Tugenden und die Wurzeln des Schwarzburgbundes zu erneuern
  • Die Bundesbrüder zu einer aktiven Betätigung in Staat und Gesellschaft anzuhalten

Zum Thomastag des Jahres 2000 ist die Burschenschaft Rheno-Germania Bonn als erste außerbayerische Verbindung dem Cartell beigetreten.

Im Sommersemester 2010 einigten sich die Mitgliedsverbindungen auf den Eichenbaum als gemeinsames Symbol.

Am 20.10.2012 wurde die Burschenschaft Alemannia Leipzig als fünfter Bund in das Cartell aufgenommen. Zugleich wurde „Frei und unerschütterlich“ zu einer Melodie von Bundesbruder Schertel zum Lied des Cartells bestimmt.

Weitere Informationen unter: www.cartell.org

Thomastag

Der Thomastag war einer der wichtigsten Fest-, und bis 1805 auch Feiertage des bayerischen und fränkischen Brauchtums, und wurde mit volkstümlichen Bräuchen und Festen begangen. Ursprünglich gingen in der Nacht des 21. Dezember die Perchten, mit Fell vermummte Gestalten, um. Auch in Nürnberg hatte der Thomastag große Bedeutung und bereits im Jahr 1527 wurde dort an diesem Tag Markt gehalten. Wie oft fälschlicherweise behauptet, ist dieser Markt jedoch kein Christkindlesmarkt gewesen, sondern vielmehr ein inoffizieller Markt, der am Kirchenfeiertag zu Ehren des Kirchenheiligen Thomas stattfand.

Neben den Einwohnern Nürnbergs besuchten auch viele Leute aus dem Umland die Verkaufsstände, um sich für die Weihnachtsfesttage mit Lebensmitteln zu versorgen. Wegen des regen Andranges wurden die Zöllner im besagten Jahr durch den Nürnberger Rat angewiesen, alle Wagen und Karren zu zählen, die am 21. Dezember durch die Stadttore einfuhren. Über die Ergebnisse der Zählung gibt es verschiedene Aussagen. Die hier angegebenen Zahlen basieren auf den Ergebnissen der Untersuchung von Dr. Werner Schultheiß, der die Zahlen 1279 Wagen und 233 Karren angibt.

Für eine Stadt wie Nürnberg, die zu dieser Zeit um die 30.000 Einwohner gehabt haben dürfte, und damit zu einer der größten Städte Europas zählte, ist dieses Besucheraufkommen immens hoch und lässt Rückschlüsse auf die Wichtigkeit der Funktion des Marktes, und insbesondere der Sondermärkte in Nürnberg, zu.

Jene Historiker, die sich mit der Nürnberger Geschichte auseinandergesetzt haben, gehen davon aus, dass der Sondermarkt am Thomastag mit dem Weihnachtsverkauf, der ursprünglich ebenfalls ein Sonderverkauf war, zusammengewachsen ist. Auf diese Weise konnte innerhalb einiger Jahrhunderte der Christkindlesmarkt entstehen und seine typischen weihnachtlichen Waren auf dem Nürnberger Hauptmarkt regelmäßig vor Weihnachten anbieten.

Auch als der Christkindlesmarkt bereits eine gewohnheitsrechtliche Institution war (ab 1631), stellte der Thomastag noch lange Zeit den Haupteinkaufstag für die Nürnberger Bürger und Menschen aus dem Umland dar.

Thomastag Bummel

Nach Gründung der Universität Altdorf (1623), die zur Freien Reichstadt Nürnberg gehörte, gaben sich deren Hochschüler, und später auch die Erlanger Studenten, jährlich am 21. Dezember ein Stelldichein in der Stadt der Reichstage, um lautstark zu feiern. Sie zogen mit Waldteufeln, Ratschen, Pfeifen und Kindertrompeten über Markt und Straßen, was sicherlich im Zusammenhang mit dem Brauch der Perchtenumzüge zu sehen ist.

Thomastag und Verbindungen

Schon die Studenten und Professoren der “Alten” Universität trafen sich eine Woche vor Weihnachten, ehe sie zum Fest nach Hause fuhren, in der Freien Reichsstadt Nürnberg, um kulturelle Veranstaltungen und Theater zu besuchen und bei Kneipenbesuchen so richtig auf den Putz zu hauen. Dass es dabei hin und wieder zu »Verdrießlichkeiten« mit der Bevölkerung kam, blieb nicht aus.

Als Nürnberg 1806 seine Reichsunmittelbarkeit verlor, wurde auch die kleine, aber sehr angesehene Universität in Altdorf aufgelöst. Die Tradition des Thomastages wurde von den Studenten der 1743 gegründeten Universität Erlangen (heute: Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg) übernommen. Sie waren wohl auch die »Erfinder« des Thomasbummels. Das lässt sich aus den Annalen des Corps Bavaria schließen. Über das Wintersemester 1841/42 wird dort ausgeführt:

»Der Thomastag wurde durch eine gemeinschaftliche Fahrt der beiden Corps [Bavaria und Onoldia, d. Red.], bestehend aus 2 Vorreitern, 4 Droschken und 14 Chaisen nach Nürnberg gefeiert. Daselbst wurde recht fidel in verschiedenen Kneipen herumziehend der Tag verlebt. An diesem Tag begannen die Weihnachtsferien.«

Hier erfahren wir erstmalig, dass die beteiligten Korporationen nicht wie heute ein Stammlokal hatten, sondern von Kneipe zu Kneipe zogen. Mit großer Wahrscheinlichkeit ist in diesem Lokalwechsel der Ursprung des Thomasbummels zu sehen. Trotzdem dürften die damaligen Studenten in der Menge kaum aufgefallen sein, waren es doch damals nicht viel mehr als zusammen 300. Noch immer war der Thomastag ein rein bürgerliches Fest. Dies wurde noch verstärkt durch die „Heiratskasse“, eine 1805 gegründete Aussteuer- und Versorgungskasse, eine Lotterie, an der sich alle Unverheirateten beteiligen durften. Auch andere bürgerliche Gesellschaften feierten den Thomastag mit Veranstaltungen, Bällen, Festessen und Trinkgelagen. Z.B. die „Thomasbrüder“, eine Gesellschaft von Künstlern, die im „Goldenen Schwan“ in Lichtenhof zusammenkamen.

Der Nürnberger Mundartdichter und Stadtflaschner Konrad Grübel erwähnt in seinen Gedichten den Thomastag des öfteren, erwähnt aber nie Studenten oder deren Gebräuche. Die Studenten nahmen sozusagen als Bürger am Thomastag teil und feierten formlos und ohne jedes Reglement mit. Dabei zogen sie von Kneipe zu Kneipe, worin einige Historiker den Ursprung des Thomasbummels sehen.

Der erste Bericht über die Teilnahme einer Verbindung am Thomastag stammt aus einem Brief des Gründers des Erlanger Corps Bavaria Blumröder, in dem er seinen Eltern davon berichtet. Dann fließen die Quellen spärlich. Interessant ist eine Notiz in den Annalen des Corps Bavaria, wo es heißt, (1874) „als wir in corpore den altherkömmlichen Couleurbummel in der von allen möglichen Farben frequentierten Kaiserstraße machten“.

Im Fränkischen Kurier erschien neben anderen Einladungen bürgerlicher Vereine erstmals 1869 ein studentisches Inserat das sich auf den Thomastag bezieht. 1880 laden schon sieben Verbindungen zu ihrer Thomaskneipe, 1897 sind es vierzehn u.a. aus München und Aschaffenburg. 1878 nimmt das Münchner Corps Herzynia zum ersten Mal am Thomastag teil, seitdem jedes Jahr bis auf die Kriegsjahre.

Thomastag Bummel

Der Couleurbummel wird erstmals 1897 öffentlich erwähnt (Fränkischer Kurier). In dem Inserat heißt es u.a. „nachmittags drei Uhr allgemeiner Couleurbummel durch die Straßen Nürnbergs.“ Es handelte sich aber nicht um den heute bekannten, polizeilich genehmigten Bummel durch Königs- und Karolinenstraße, sondern „durch die Straßen Nürnbergs“ nur für diese eine Verbindung. Das Couleurbummeln war eine beliebte Sitte der Farbenstudenten um zu sehen und gesehen zu werden. Dies ist der Grund für das Entstehen des Bummels und nicht andere Fakten wie z.B. die Auflösung der Altdorfer Universität, die einen Protestmarsch der Studenten zur Folge hatte, der angeblich zu einer ständigen Wiederholung geführt hätte. Namhafte Historiker verweisen eine solche Ansicht ins Reich der Fabel.

Aus dem Jahr 1898 liegt ein zeitgenössischer Bericht über den Thomasbummel vor: „…., der wird versucht sein, Nürnberg für eine Universitätsstadt, und zwar für eine recht stark besuchte zu halten, zumal wenn er nachmittags zwischen drei und fünf Uhr die Kaiserstraße passiert.“ Um die Jahrhundertwende erfuhr der Thomasbummel eine starke Ausweitung, da durch den Wirtschaftsaufschwung nach dem Krieg 70/71 die Studentenzahlen stark anstiegen. 1908 gab es eine Neuerung: Der Bummel beschränkte sich nicht mehr auf die Kaiserstraße, sondern dehnte sich auf die Karolinenstraße aus. Im Krieg 14/18 gab es keinen Bummel. 1919 nahmen etwa ein Dutzend Verbindungen den Brauch wieder auf und ein Jahr später wurde er wieder in gewohntem Umfang durchgeführt. 1921 musste die Polizei zur Wahrung der Verkehrssicherheit eine besondere Verordnung herausgeben und sechs Jahre später, 1927 wurde der Bummel nach Polizeivorschrift so durchgeführt, wie wir ihn heute kennen. Der letzte Bummel vor dem Zweiten Weltkrieg wurde 1934 durchgeführt, dann verbot Hitler alle Studentenverbindungen. Erst nach 17 Jahren, am 16. Dezember 1951 fand unter sehr feindlichem Pressefeuer wieder ein Bummel statt. Die Bevölkerung indessen nahm die Farbenstudenten freundlich auf. Mehr als 1.000 Farbenstudenten von ca. 50 Verbindungen bummelten wie ehedem durch die Stadt, trotz strömenden Regens von einem dichten Spalier freundlicher Passanten und Schaulustiger begrüßt.

Heute ist der Nürnberger Thomastag eine rein farbenstudentische Angelegenheit geworden, bei der sich jährlich Studenten aus ganz Deutschland in unserer schönen Stadt treffen. Ohne die Studenten gäbe es keinen Thomastag mehr. Er ist eine im deutschsprachigen Raum einmalige Erscheinung. Nirgends sonst kommen so viele Farbenstudenten aus so vielen unterschiedlichen Verbindungen zusammen um gemeinsam den Thomasbummel durch das weihnachtliche Nürnberg zu begehen. Dabei feiern wir ein Wiedersehen, erneuern alte Freundschaften und demonstrieren die Idee des Farbenstudententums und bekennen uns zu unserer Tradition.

Eine Übersicht für die kommenden Thomastagsbummel finden Sie unter:

http://www.thomastag.de/